The Big Easy
Text: Alexander Huber
Es ist beim Bergsteigen sehr selten, dass Vorstellung und Wirklichkeit, dass Wunsch und Erfüllung weitgehend zusammenkommen. Und das gilt gerade bei den Reisen zu den großen Bergen der Welt. The Big Easy ist einer der wenigen Fälle, wo Traum und Wirklichkeit zusammengekommen sind. Wobei das ganz genau genommen nicht einmal für die mehr als zwei Kilometer langen Route am Südpfeiler des Choktoi Ri gilt, denn ganz am Anfang stand ja der Wunsch, die Nordwand des Latok I zu durchsteigen. Und diese Wand, die am Anfang der Träume stand, hat wirklich herzlich wenig mit dem zu tun, was am Ende dabei rausgekommen ist!
Drei Jahre vor der Erstbegehung der Big Easy war ich zusammen mit dem Thomas, dem Osttiroler Mario Walder und dem Schweizer Dani Arnold unterwegs. Und da hatten wir uns eben diese wilde Nordwand am Latok I zum Ziel gesetzt. Doch schon in der Phase der Vorbereitung am Südpfeiler des Latok III hat uns die Druckwelle eines mächtigen Seracabbruchs und im Weiteren eine viel zu hohe Nullgradgrenze eingebremst. Die Erkenntnis, wie unberechenbar, brisant und gefährlich die Nordwand des Latok I ist, hatte zur Folge, dass ich mich von diesem Ziel geistig verabschiedet hatte. So risikobereit ich sonst durchaus sein kann, aber an dieser Nordwand sehe ich für mich selbst keinen vertretbaren Weg. Zu viele Seracs, zu viele unkalkulierbare Gefahren, die mir beim Bergsteigen einen Höllen-Stress machen würden und mir in letzter Konsequenz die Freude am Bergsteigen rauben.
Ganz generell ist man desillusioniert, wenn man sich von einem heftig begehrten Ziel geistig verabschieden muss. Und ja, mir ging es da keinen Cent anders. Den Weg nach Hause anzutreten heißt, dass man alles aufgibt ohne auch nur irgendwas als Kompensation für den hohen psychischen und physischen Einsatz zurückzubekommen. Eine Erlebnisleiche im wahrsten Sinne des Wortes. Und so war es für mich in gewissem Sinne ein Lichtblick, auf dem Weg nach Hause wieder die gleiche Linie zu betrachten, die mich schon auf dem Weg ins Basislager so begeistert hatte. Mit dem Fernrohr konnte ich diese aufstrebenden Pfeiler sehen, die - einer nach dem anderen - nach oben ziehen. Genau auf der anderen Seite der Latoks steht er, der 6.166 Meter hohe Choktoi Ri aka Suma Brakk. Ein wunderbarer, formschöner und freistehender Berg, der höchste Gipfel der Choktoi-Gruppe im Panmah Muztagh, einer der wildesten Gebirgsregionen unserer Erde.
Während für Thomas die Nordwand des Latok I weiter ein wahrhaft herausforderndes Ziel ist und bleibt, verabschiedete ich mich gedanklich von den Latoks und suchte mein Glück jenseits des trennenden Choktoi-Gletschers. Nicht ganz so gewaltig wie die Latok´s selbst, aber trotzdem mächtig. Und gerade diese elegante, endlos lange Himmelsleiter des Südpfeilers.
Als ich mich der junge Fabian Buhl für den Süpfeiler des K7 als Ziel gewinnt, entsteht bei mir die Idee, nochmals dorthin zum Choktoi-Gletscher zurückzukehren. Zur Vorbereitung für das schwere Klettern auf fast 7.000 Meter wäre dieser Südpfeiler genau richtig. Nach dem Zeigen einiger Bilder von dieser Himmelsleiter brauchte es auch nicht viel, um den Fabi für diese „Vorbereitung“ zu begeistern. Kein klassischen Akklimatisieren an einem leichten, dafür hohen Schneeberg, sondern kilometerweiße anspruchsvolles Klettern. Ganz so wie wir es lieben!
Der Fabi an sich kommt eigentlich aus einer ganz anderen Richtung, vom Bouldern. Kurz und explosiv. Größer können die Gegensätze gar nicht sein. Hier haben wir ein „lang und ausdauernd“. Aber egal bei welcher der beiden Spielarten: man kann es immer ausreizen, mental und körperlich an seine Grenzen gehen. Diese Bereitschaft hat der Fabi definitiv beim Bouldern bewiesen und ich habe keine Zweifel, dass er diese Leichtigkeit im Geist auch für unser großes Vorhaben mitbringt. The Big Easy!
Eine unbedingte Voraussetzung war natürlich, dass wir uns nicht das erste Mal zusammen auf dem Weg gemacht haben. In den Picos de Europa in Asturien wie auch in den Bergen des Hohen Atlas in Marokko haben wir schon die Erfahrung gemacht, dass es passt. Und ich wusste darüber hinaus, dass der Fabi geradezu darauf brennt, auch die großen Berge der Welt anzugehen. Dazu ist er aber auch viel zu viel Kletterer als dass er sich einen 8.000er vornehmen würde. Es sollte schon ein Berg sein, an dem man zu klettern hat! Und der Granit im Karakorum kann tatsächlich das Beste sein, was es gibt!
Mitte Juli 2018 geht es dann los. Nicht zu früh und auch nicht zu spät. Über die zwanzig Jahre, in denen ich Expeditionen ins Karakorum unternommen habe, hat sich vieles an diesen Bergen verändert. Gerade Juni und Juli waren damals die Monate für die großen Besteigungen. Heute hat man im Sommer die Probleme mit den hohen Temperaturen, mit exorbitanten Steinschlag und anderen Gefahren. Es ist durchaus ratsam, nicht mehr die wärmsten Monate als ideale Zeit anzusehen. Mit unserem kleinen Trupp Baltis mit ihren Mulis marschieren wir mit unseren 15 Lasten á 25 Kilo von Askoli aus in vier Tagen über das Braldutal und dem Panmah-Gletscher ins Basislager am Rande des riesigen Choktoi-Gletschers. Direkt am Fuße des Südpfeilers und mit guten 4.000 Metern Höhe in einer durchaus komfortablen Höhe. Und durchaus auf das Minimum beschränkt. Ein Küchenzelt, in dem Ibrahim und Anwar das Regiment haben, dazu zwei kleine Zelte für den Fabi und mich. Drei Zelte in der Summe. Klein und fein. Ganz nach meinen Geschmack. Und doch ist es ja immer noch extrem komfortabel im Vergleich zu den Trägern selbst, die mit einer unvergleichlichen Leichtigkeit auf ihren Touren unterwegs sind. Ein kleines Feuer, auf dem der gesalzene und gebutterte Baltitee in einem schwarzen Topf aufgebrüht wird, auf einem Blech werden die Chapatis kreiert. Dazu eine Plane, unter der dann alle zusammengekauert die Nacht verbringen. Mehr haben die nicht dabei! So klein unser Basislager da auch sein mag, im Vergleich dazu leben wir immer noch im absoluten Luxus. Jeder von uns vier hat seinen Platz, seine Matte und Schlafsack.
2018 wird wohl als eher wettertechnisch schwierige Saison anzusehen sein. Zumindest gab es nicht viele, wirklich gut geeignete Zeitfenster für anspruchsvolles Steigen am Berg. Wir zwei haben allerdings schon gleich am Anfang mal das Glück der Tüchtigen. Im Basislager angekommen geht´s schon los. Blauer Himmel, ruhige Atmosphäre, moderate Temperaturen. Pause machen war nicht angebracht. Schon am nächsten Tag bringen wir den ersten Rucksack mit Material nach oben ins große Gletscherbecken unterhalb des Südpfeilers. Und weiter geht´s. Eigentlich will ich mich in Ruhe akklimatisieren, aber es hilft nichts. Die Ruhe, sie wird mir nicht gegeben. Ein zweiter Transport, nochmal runter, dann wieder rauf und schon geht es los mit der Kletterei.
Auf knapp 5.000 Meter steigen wir direkt bei einer markanten Scharte ein. Und bauen auch gleich den ersten (letztendlich aber auch einzigen) Verhauer, denn wir wollten den ersten Aufschwung auf der rückwärtigen Seite umgehen. Dort finden wir aber völlig unerwartet extrem wildes Gelände, furchteinflößend und grausig. Wieder zurück. Die ersten zwei Stunden sinnlos verbrannt. Am Ende starten wir dann ideal. Direkt aus der Scharte heraus folgen wir der wunderbar ausgeformten, monolithischen Kante folgen wir wie auf einer Himmelsleiter. Noch sind wir fast unendlich erscheinende 2.500 Klettermeter vom Gipfel weg und es ist tatsächlich unglaublich, dass uns dieser Weg am Ende wirklich zum höchsten Punkt des Choktoi Ri bringen sollte.
Auch der zweite Tag bringt ausschließlich den besten Granit auf Erden. Eine elegante Schneide, meistens klettern wir direkt auf ihr, mal ein wenig links, mal rechts und gegen Mittag erreichen wir den Gipfel des ersten Aufschwunges. Was für ein ausgesetzter Punkt. Über uns das nächste Bollwerk, der Pilier Rouge, wie wir ihn nennen. Darüber der obere Pfeiler, die Headwall. Und dahinter irgendwo in den Wolken der letzte Aufschwung, ein vergleichsweise leichter Schneegrat zum Hauptgipfel. Vier Aufschwünge in der Summe und wir haben gerade mal die erste Etappe gemacht!
Wir seilen in die Scharte vor dem Pilier Rouge ab und fixieren mit 200 Metern Seil die Wand von der Scharte direkt hinab ins Gletscherbacken. Damit kürzen wir natürlich den Wiederaufstieg enorm ab. 200 Meter statt 20 Seillängen. Wir sind total happy mit allem, wie es läuft. Und auch darüber, dass es jetzt mal zwei Tage Ruge geben wird. Wolken und ein wenig Schnee am Berg, im Basislager Curry Reis, Chapati und Schnaps vom Feinsten. Genau das, was wir brauchen, um unsere Batterien wiederaufzuladen. Nur das mit den Hend´ln hat mal kurzfristig zum Engpass geführt, weil der Fuchs sich als ernstzunehmender Nahrungskonkurrent erwiesen hat. Und das so erfolgreich, dass keines mehr für uns übrig blieb…
Mit der Sonne sind wir wieder zurück am Berg. Jetzt wird es richtig interessant. Der mächtige Zentralpfeiler mit seinem kompakten, roten Granit steht auf dem Plan. Der Pilier Rouge. Von der Scharte aus geht es in wunderbarer, anspruchsvoller und unglaublich eleganter Kletterei der aufstrebenden Schneide entlang nach oben. Risse wie aus dem Bilderbuch, Seillänge für Seillänge. Granit wie am Trango und an der Westwand des Latok II. Besser geht´s nicht. Und nach zehn Seillängen der absolute Jackpot. Ein waagrechter Absatz, der ideale Biwakplatz genau da, wo es strategisch perfekt ist. Direkt darüber der monolithische Pfeiler, aber mit so vielen Rissen durchzogen, dass du dir es geradezu aussuchen kannst, welchen du jetzt klettern magst. Im Biwak sitzen wir dann mittendrin im Leuchten der Berge. Die großen Gipfel des Karakorum glühen im letzten Licht. Wir haben auf Komfort gesetzt, haben also Zelt und Schlafsäcke mit dabei. Ganz entspannt und mit großer Freude liegen wir gut eingepackt bei offenem Zelt und schauen so lange zu bis auch der letzte Sonnenstrahl dem kalten Blau der Dämmerung weicht.
Am nächsten Morgen kommt das Licht zurück. Mit welcher Magie! Die Sonne geht auf und wir bekommen jetzt am Morgen - genauso wie am Abend die letzten – gleich die ersten Sonnstrahlen! Südpfeiler… genau richtig, denn wir haben wirklich von der ersten bis zur letzten Minute das Licht auf unserer Seite. Am Süpfeiler klettern wir sozusagen immer auf der Sonnenseite des Lebens. Und das können wir auch gut brauchen, weil es rein klettertechnisch echt zur Sache geht, es geht ständig fordernd dahin. Viel im siebten Grad, manches bis in den Achter hinein, und das in jeder Seillänge. Mit der dreiunddreißigsten erreichen wir schließlich den Gipfel des Pilier Rouge und sehen, wie weit wir jetzt noch weg sind von der Headwall. Das ist kein schnelles Rüberqueren, auch kein Schneestapfen oder leichtes Gelände. Die Aufgabe für den nächsten Tag.
Leider kommt am nächsten Morgen das Licht nicht wie erhofft zurück. In der Mitte der Nacht waren Wolken aufgezogen und haben auch Schnee gebracht. Nicht gut. Wir bleiben mal im Schlafsack liegen, weil es am frühen Morgen mit dem Schnee auf dem Fels eh keinen Sinn macht. Oft schadet es nicht, ein wenig zu pokern und ja, auch dieses Mal haben wir das Glück auf unserer Seite. Denn tatsächlich macht es dann um 10 Uhr auf und die Sonne kommt raus. Und mit welcher Kraft! Im Auf und Ab zieht die beizeiten messerscharfe Schneide leicht ansteigend hinauf zur drohenden Kulisse des oberen Pfeilers. Es wird eisig. Die Risse vereist, immer wieder Schnee, wir merken, dass es langsam in Richtung 6.000 Meter geht. Das Wetter ist nicht von der beständigen Seite, aber gut genug, dass wir uns mit viel Einsatz bis zum Beginn der Headwall durchschlagen. Mehr geht nicht, mehr braucht es aber auch nicht. Dieser Tag war essentiell für eine gute Chance beim nächsten Versuch, wir sind bestens für einen Push in Richtung Gipfel aufgestellt. Die Headwall selbst ist beeindruckend steil, sehr kompakt, ohne logische Schwachstellen. Die zunehmende Vereisung wird es nicht einfach machen. 38 Seillängen bis hierher. Und es werden noch einige mehr werden…
Der Weg zurück ins Basislager ist nicht nur eine taktische Überlegung sondern vor allem auch dem Wetter geschuldet. Denn bis zum nächsten Sonnenschein sollte eine Woche vergehen. Wir zurück im Basislager. Ibrahim und Anwar sind überglücklich, dass sie was zu tun haben und sich nicht wie sonst bei unseren Bergtagen die Zeit totschlagen müssen. Und es sind auch recht dramatische Tage, denn nur wenige Kilometer von uns entfernt ereignete sich ein folgenschwerer Unfall am Latok I. Hoch oben an der North Ridge stürzte ein Russe ab, sein Partner blieb ohne Material zurück am Berg. Ein Gefangener in einer denkbar schlechten Situation. Einzig eine Rettung über die Longline eines Hubschraubers scheint eine gewisse Hoffnung zu sein. Jeden Tag kommen die Hubschrauber, fliegen unter der dichten Wolkendecke knapp über dem Gletscher jeweils bis ins Basislager. Nur um Tag für Tag unverrichteter Dinge wieder abzuziehen. Sechs lange Tage lang. Alexander Gukov befindet sich in einem wahren Überlebenskampf. Und die dichten Wolken, sie wollten nicht weichen. Dann am Tag 7 das Licht der Sonne und ja, er wird tatsächlich gerettet. Dramatik in der Situation ist durchaus gegeben, denn Alexander Gukov, eher nur noch so halb am Leben, kann sich zwar aus eigener Kraft noch irgendwie in die Longline fixieren, hat aber nicht genügend Überblick, um seine Fixierung zum Stand am Berg zu lösen. Der Pilot kämpft um die Balance des Hubschraubers und eigentlich wäre schon fast die Longline gekappt worden, als sich im letzten Moment der Standplatz nachgibt und Alexander Gukov in hohem Bogen aus der Wand dem Hubschrauber - und damit seinem Leben - hinterherfliegt. Die Meldung über die Rettung ist berauschend, ein Freudenfest! Trotzdem sollten wir darüber nicht vergessen, dass dieses Abenteuer am Latok I bereits einer mit dem Leben bezahlen musste. Und so hat für uns dieser Tag nicht nur Sonne und Licht, sondern auch seinen Schatten.
Nach diesen emotional turbulenten Tagen können wir den Fokus endlich wieder unserem Berg zuwenden. Wir sind uns natürlich sehr bewusst, dass uns das Wetter der vergangenen Woche nicht unbedingt die besten Bedingungen bringen wird. Die steile Headwall auf 6.000 Meter ist voller Schnee und die Risse dort oben entsprechend vereist. Rein aus taktischen Überlegungen heraus ist es sinnvoll, noch einmal weitere zwei Tage abzuwarten.
Das Wetter ist wie vorhergesagt perfekt, die Verhältnisse sind es nicht. Am zweiten Tag beginnen wir mit dem Klettern in der Headwall. Das Vorwärtskommen wird den Verhältnissen und den Schwierigkeiten entsprechend langsam. Die sechste Seillänge der Headwall verlangt einen exorbitant langen Runout. Klettern im siebten Grad, 15 Meter ohne Sicherung, zwingend frei an kompaktem Granit. Schnell wird es klar, dass wir nicht in einem Tag durchkommen werden! Die Dimensionen des Südpfeilers sind wahrlich gewaltig. Es ist eine der größten Felsrouten der Welt und die mit weitem Abstand längste, die ich persönlich jemals geklettert bin. 47 Seillängen sind wir schon geklettert, keine einzige davon in trivialem Gelände und es ist dabei noch lange nicht vorbei. Aber wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, an dem wir beste Chancen haben. Das Wetter spielt mit und auch wenn die Bedingungen am Berg bescheiden sind, so ist das eben jetzt unsere Aufgabe, diese Herausforderung anzunehmen und durchzuziehen. Besser wird es nicht mehr. Das ist unsere Chance!
Am nächsten Morgen sind wir beim ersten Licht am Werk. Mittlerweile ist alles so weit vereist, dass wir mit Eisgeräten und Steigeisen im steilen Fels unterwegs sind. Nicht gerade das locker flockige Raufschweben an sonnigem Fels, aber egal. Wir spüren ihn schon, den Pfeilergipfel der Headwall, aber es dauert und dauert. Am frühen Nachmittag sind wir dann oben. 52 Seillängen. Und doch immer noch nicht ganz oben. Denn jetzt geht es wieder runter. Zweimal seilen wir ab in die Scharte zwischen Vor- und Hauptgipfel. Und noch einmal zwei Seillängen im endlich einfachen Schnee und Eis bis wir oben sind. Ganz oben. Wo es nicht mehr weitergeht.
Über uns stahlblauer Himmel, und die Gewissheit, dass es jemand gut mit uns meint! Wir haben es geschafft. Und der Gipfel ist „nur“ ein kleiner flacher Schneehaufen auf 6.166 Meter, aber er ist doch so viel mehr. Für uns bedeutet der Gipfel das Erreichen eines Traumes. Wir sind uns aber gleichzeitig auch bewusst, dass wir noch lange nicht am Ziel sind, denn der Abstieg wird noch einmal ein Abenteuer für sich. Wir sind nur zu zweit und auf uns warten 2.000 Meter Absteigen in schwierigem Gelände. Gerade hier sehen wir, dass es keine steile Wand sondern ein hochkomplexer Gratverlauf ist. Einfaches Abseilen ist nicht. Zwei volle Tage sind wir unterwegs, jeder Moment verlangt volle Aufmerksamkeit, bis wir wieder festen Boden unter den Füßen haben. Zurück bleibt nichts, oder besser gesagt: fast nichts. Nur die Schlingen an jedem Standplatz und die Erinnerung.
Erst jetzt, in absoluter Sicherheit, haben wir das Gefühl, es wirklich geschafft zu haben. Der Gipfel war zweifellos der Höhepunkt unserer langen Reise, doch das eigentliche Ziel, die Sicherheit, haben wir erst jetzt erreicht. In der Reflexion verstehen wir, wie viel Glück wir mit unserer Big Easy hatten. Eine unglaublich beeindruckende Linie. In freier Kletterei, ohne Haken, alles clean. Zu zweit. Ein kleines, aber feines Team. Viele richtige Entscheidungen und am Ende auch das entsprechende Glück. Besser geht´s nicht.